> Derrida Tagung Berlin 7. Dezember 2005, HAU 1


Jacques Derrida, geboren am 15. Juli 1930 in El-Biar (Algerien), starb am 8. Oktober 2004 in Paris. Das formatLabor Berlin stellt zu Derridas zweitem Todestag Beiträge von Hanns Zischler, Dirk Baecker, Susanne Lüdemann, Tom Lamberty und Elisa Barth ins Netz. Die Aufnahmen stammen von der Derrida-Tagung, die am 7. Dezember 2005 im HAU 1 durchgeführt wurde.

 

>Hanns Zischler   Autor, Derrida-Übersetzer, Schauspieler
Hanns Zischler entwickelte die Dramaturgie des Abends, an dem jeder Redner seinen Nachredner ankündigt. Für sich selbst hat Zischler Vortrag und Kommentar der von ihm und Hans-Jörg Rheinberger übersetzten „Grammatologie“ (Frankfurt am Main, 74) angekündigt, liest dann aber schließlich aus „Ulysses Grammophon“. In diesem Text pfropft Derrida dem Joyce-Text einen disgressiven Kommentar auf. Die Pointe des Vortrags besteht vielleicht darin, dass der Übersetzer und Schauspieler Hanns Zischler die Transformationen, nicht zuletzt die zwischen den Sprachen - also das Übersetzen -, als Prozess erlebbar und die Schrift zur Partitur einer Inszenierung des Denkens und der Abschweifung werden lässt.

VIDEO (26 min, 75 MB) - AUDIO (26 min, 19 MB)


>Dirk Baecker   Soziologe, Systemtheoretiker
Dirk Baecker gibt an, von Derrida lesen gelernt zu haben, d.h. auf einen Text mit einer Geste der Verzögerung zu reagieren. Baecker rückt den Begriff der Schrift ins Zentrum des dezentralistischen Denkens Derridas und interpretiert es als soziale Setzung, als ein Vorher der Kommunikation, in der das, „was wir hören können“, in der UnterscheidungsMÖGLICHKEIT immer schon markiert ist. Dementsprechend zieht er eine Verbindung zwischen der affirmativ-nachvollziehenden Reflexion des systemtheoretischen Distinktionsdenkens und der dekonstruktiv-revolutionären Praxis. Dirk Baecker liest aus dem Buch „Religion“, das Derrida zusammen mit Gianni Vattimo geschrieben hat. Baecker interessieren daran insbesondere die Passagen über das Übel der Abstraktion, über Zahl und Zeugenschaft und über das Universum als eine Maschine, die Götter hervorbringt.

VIDEO (18 min, 51 MB) - AUDIO (18 min, 13 MB)

 
>Susanne Lüdemann   Literaturwissenschaftlerin, Derrida-Übersetzerin
Susanne Lüdemann liest Passagen aus dem von ihr übersetzten Buch „Marx' Gespenster“ (Frankfurt am Main 2004) und widerspricht damit dem Bild Derridas als eines Denkers, der sich in referenzlose Formalismen und unpolitischen Ästhetizismus zurückgezogen habe.

VIDEO (17 min, 49 MB) - AUDIO (17 min, 12 MB)


>Tom Lamberty  
Verleger, Merve Verlag Berlin
Tom Lamberty liest aus Eine gewisse unmögliche Möglichkeit, vom Ereignis zu sprechen und aus Einige Statements und Binsenwahrheiten über Neologismen, New-Ismen, Post-Ismen, Parasitismen und andere kleine Seismen“.

VIDEO (18 min, 53 MB) - AUDIO (18 min, 13 MB)

 

>Elisa Barth   Kulturwissenschaftlerin
Elisa Barth trägt eine musikalische Lesung aus Derridas Hommage an Ornette Coleman vor. Qu'est-ce qui arrive? fragt Derrida, der 1997 mit dem Saxofonisten Ornette Coleman einen Abend lang in und über Musik improvisiert.

VIDEO (12 min, 35 MB) - AUDIO (12 min, 9 MB)

Mehrsprachigkeit, Zeugenschaft, Erbe, Ereignis, Schrift. Mehrsprachigkeit, Zeugenschaft, Erbe, Ereignis, Schrift.

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... "Die Aktualität Derridas Denkens liegt nicht zuletzt in der Möglichkeit, die Dekonstruktion in eine Praxis des Kommentierens (der Meta- und Fundamentalkritik oder der Disgression) performativ umzubrechen (...)
Dekonstruktivistische und lebensweltliche Praxis der westlichen Welt fallen aus der klassischen Dialektik heraus, in der Widerspruch und Affirmation die einzigen Optionen des Anschlusses waren. Entwertung (Meta- oder Fundamentalkritik) und Disgression hebeln die regelrechte Entfaltung des einstigen Weltgeistes aus und lassen immer wieder neue Unterscheidungen zu und damit eine immer neue Verschiebung der Einheit von Einsicht und Blindheit. (...) Aussagen und Widerspruch benutzen für ihre Beobachtung die gleiche Unterscheidung. Die Meta- oder Fundamentalkritik macht auf diese Blindheit aufmerksam und erschafft in der Beobachtung dieser Blindheit ihre eigene Blindheit. Der Beobachter zweiter Ordnung wird die beobachtete Einsicht als Blindheit beobachten und die eigene Blindheit als Einsicht. Die Blindheit - die Unterscheidung selbst - zu beobachten, ist also auch nur eine Einsicht, die ihre eigene Blindheit nicht beobachten kann.“ (Carl von Cahdeus)


Wir danken den Beteiligten, dem Hebbel Theater am Ufer, dem Suhrkamp Verlag, dem Merve Verlag, design2context und dem Kulturserver der Länder für die freundliche Unterstützung.

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